|
Außerirdischer,
wo befindet sich dein After ?
Es ist wieder mal einer dieser Morgen,
an denen ich mich wundere, daß das Erwachen in der eigenen Wohnung
vonstatten geht, keine Erinnerung mehr an den Heimweg vorhanden ist,
geschweige denn daran, in welchen Etablissements der Stand meines Girokontos
gemindert wurde.
Keine Frage, ich war auf Tour,
denn der erste Eindruck des Morgens beim Erwachen in der Badewanne ist
der, daß ich nur noch etwa 5 bis 6 Aspirin von einem teuflischen
Kater entfernt bin.
Dieses morgendliche Idyll wird
jäh unterbrochen durch ein lautes Hämmern an der Tür. Völlig
unvorbereitet öffne ich, im Unterbewußtsein wohl auf einen Vertreter
dieser Drückerkolonnen hoffend, diese Sorte, die einem immer so unterhaltsame
Ge- schichten erzählen.
Ich setze also, soweit mir daß
im Moment möglich ist, eine anteilsvolle Miene auf, schiebe
den Riegel zurück, und bevor selbiger überhaupt weiß, daß
er offen ist, springt die Tür auf, irgend etwas schreit "Ich hab's,
Ich hab's", stößt mich zur Seite, rennt wild gestikulierend
an mir vorbei ins Wohnzimmer und okkupiert den großen grünen
Ohrensessel, den, den mir mein Uropa vererbt hat.
Kaluppke sitzt in den dunklen Tiefen
des Ohrensessels, deutet mit gestrecktem Arm mit zitterndem Finger auf
mich und sagt mit einem irren Flackern im Blick, nicht ohne einem gefährlich
rauhen Unterton in der Stimme noch einmal:
"Ich hab's"
Dies alles konnte nur bedeuten,
daß ich gestern mit Kaluppke unterwegs gewesen sein muß, und
zwar nicht zu knapp, denn seinem Zustand nach zu urteilen ist vergangene
Nacht auch noch der letzte Rest seines Verstandes aus seinem Hirn gespült
worden. Ich stehe stumm da und taste hinter meinem Rücken nach irgendeinem
harten Gegenstand, für den Fall, er erliegt schon wieder einer seiner
Allmachtsphantasien und möchte im Raum befindliche Personen von ihrem
Schicksal auf Erden befreien, da irritiert er mich schon durch einen neuen
Satz.
"Ich meine das mit den Außerirdischen,
du weißt schon, ich glaube ich hab's !"
Ganz klar ein Fall für die
Klapse. Als eifriger Kinogänger und Leser des Psychologischen Wochenblattes
weiß ich natürlich, wie man mit solchen Fällen umzugehen
hat und gehe zum Schein auf das Thema ein:
"Außerirdische ?" frage ich
unschuldig und bewege mich unauffällig Richtung Tür.
Kaluppke macht mir einen Strich
durch die Rechnung. Er springt aus dem Sessel, baut sich direkt vor mir
auf und zischt mir mit seinem übelriechendem Atem, einer Mischung
aus abgestandenem Bier, Likör Marke Gehirnröster und einem Hauch
Erbrochenem ins Gesicht:
"Na klar, Mann, haben wir doch
heute Morgen drüber diskutiert."
Ich kann mir zwar unter Berücksichtigung
meines jetzigen Zustands nicht vorstellen daß ich letzte Nacht noch
imstande war zu reden, geschweige denn zu diskutieren, aber die Ernsthaftigkeit,
mit der er die Sache vorbringt, läßt mich darauf eingehen.
"Erstmal was zu trinken ?" - "Klar,
haste'n Bier ?"
Wir setzen uns vor den Kühlschrank
hin, und während ich lustige Figuren in eine Pfütze Orangensaft
auf dem Küchenboden male, läßt er mich an seinen Erkenntnissen,
die wahrscheinlich auf der Suche nach seiner Wohnung von seinem vegetativen
Nervensystem ausgebrütet wurden, teilhaben.
Kaluppke erzählt mir wie wir
am Platz der Helden des Samenspendens oben am Springbrunnen saßen,
in den Himmel starrten und uns vorstellten, es landete ein
UFO vor uns. "Mann, die Begrüßungsformel. Ich meine was
willst du als erstes sagen, wenn vor dir plötzlich 'ne Horde Außerirdischer
steht ? - OK, vieleicht verstehen die uns ja gar nicht, aber
wenn einer durchs All heizen kann, dann hat er bestimmt auch so ne Art
Universaltranslator bei sich um sich zu verständigen.
Wie sollen die sich denn sonst
zum Beispiel irgenwo Gummis organisieren ?"
|
|
Kurz sinniere ich noch über
meine letzte Zeichnung und antworte langsam und bedächtig in der mir
eigenen diplomatischen Art, daß wenn Außerirdische sich schon
einen solchen Platz wie gestern Abend zur Landung, und als ersten Kontakt
zwei so wohlriechende und nüchterne Vertreter der menschlichen Rasse,
wie wir zwei es mit Sicherheit darstellten, aussuchten, so sollten wir
denen gleich zeigen wo der Hammer hängt und sie zum Schwanzvergleich
fordern.
Kaluppke glotzt mich mit blutunterlaufenen,
geschwollenen Augen an und rülpst.
Wir sitzen beide eine Weile schweigend
nebeneinander und trinken noch einige Biere, die Stille nur unterbrochen
durch das Klappen der Kühlschranktür und das Ploppen der Verschlüsse.
Plötzlich packt mich Kaluppke
am Kragen, drückt seine Nasenspitze an meine und starrt mir in die
Augen, da war es wieder, dieses irre Flackern.
"Schwanzvergleich, ha ! Das ist
gut ! Mächtig multikulti, was ? ABER: nehmen wir mal an, da
kommen irgendwelche Weltraumamazonen..." - er fängt an mich zu schütteln,
ich kippe ihm mein Bier über den Kopf, was ihn aber nicht sonderlich
beeindruckt, denn er macht unbeirrt weiter - "die rupfen uns doch glatt
unsere verdammten Dinger raus und braten sich Würstchen!! Nein, mein
Freund..."
- mir wird langsam schwindlig -
"...denk nach !"
Nach mehrmaligem heftigen Kontakt
mit dem Kühlschrank breitet sich in meinem Kopf langsam aber sicher
ein niederfrequentes Brummen aus, gleichzeitig beginnt sich auch noch die
letzte Nacht wieder bemerkbar zu machen, was mich sofort veranlasst, mir
ohne jede weitere Umschweife ein Aspirin Plus C im Mund zergehen zu lassen.
Auf dem Weg zurück in die
Küche, ich habe bereits Schaum vor dem Mund, sondere mit jedem Atemzug
kleine Luftblasen ab und bin froh daß es die Dinger nicht als Zäpfchen
gibt, da kommt mir Angesichts dieses Gedankenganges die Erleuchtung:
Mit feierlicher Miene hole ich
eine Flasche Rachenputzer aus dem Kühlschrank, stoße mit Kaluppke
an und erläutere ihm nicht ohne Stolz meinen genialen Geistesblitz:
"was hat jedes Lebewesen, das
frisst ? - 'n Arschloch !
Ja sogar Würmer scheißen
! Sozusagen 'ne multigalaktische Eigenschaft !"
Kaluppkes Augen leuchten, er springt
auf und tanzt einem Derwisch gleich durch meine Küche. "Ja, Mann,
jetzt bist du auf dem richtigen Trip..."
- was ich in dem Moment allerdings
sofort wieder bezweifle -
"...auch Hunde stecken sich gegenseitig
gleich die Nase in den Arsch !
Ja, genau das würde ich irgenwelchen
Space-Cowboys als erstes reintexten:...."
er macht eine rhetorische Pause,
obwohl ich mir sicher bin, daß ihm das überhaupt nicht
bewußt ist, reckt seine gestreckten Arme in die Luft, schreit,
die Augen zur Decke gerichtet:
"Außerirdischer, wo befindet
sich dein After, damit ich ihn auslecken kann ?", springt durch das offene
Fenster - ich wohne glücklicherweise im Erdgeschoß - und entschwindet
meinem Blickfeld
Ich sitze ob dieser, im übrigen
wirklich als gelungen zu bezeichnenden, Performance noch etwas benommen
auf dem Boden und bekomme beim nachfolgenden Blick auf die Straße
gerade noch mit, wie drei Polizisten und ein Besitzer einer einer stattlichen
deutschen Dogge unter den lauten anfeuernden Rufen einer sie umgebenden
Menschenmenge versuchen, das Gesicht Kaluppkes von dem Ausscheidungsorgan
des Hundes zu trennen, schließe das Fenster und verlasse die Wohnung
fluchtartig über den Hinterhof.
(c) 1998 der engel frank |
|