Fünfeinviertel Stunden

 
   
Fünfeinviertel Stunden

Die Geschichte beginnt irgendwann Anfang Dezember in Laim, ca. 20 Uhr.

Der Blick ins IN erinnerte mich daran, daß heute Abend im Jennerwein Sixties-Punk und Psychodelic angesagt war.
Ein perfekter Start ins Wochenende.
Ich also kurzentschlossen ein Augustiner gekippt, Linsen rein, in meine Stiefel gesprungen, Geld, Schlüssel, Zigaretten geschnappt, noch ein Augustiner mit auf den Weg zum Vorglühen, und rein ins Auto.
Nach 20 Minuten Straßenkampf mit diversen wahnsinnigen FFB- und EBElern hatte ich ca. 20 45 auch schon einen Parkplatz in der Nähe vom Jennerwein.
Die Brüder betrachten Autos meiner Meinung nach primär als Waffen denn als Fortbewegungsmittel.

Aber egal.

Wie immer um diese Zeit war in dem Schuppen fast nichts los. Hat natürlich den immensen Vorteil, daß man sich gemütlich an der Theke festmachen und die einlaufende Trinkergemeinde beobachten kann.

Jetzt, 20 Minuten und 2 Bier später wird meine Aufmerksamkeit von der Rauchsäule meiner Kippe weg auf 2 Bräute gelenkt, die sich neben mir an der Bar einrichten. Ich drehe mich mit der mir eigenen unauffälligen Art, um sie im Spiegel abzuchecken:
Nummer eins so ziemlich meine Größe, etwas kräftig -aber nicht fett-, dunkler Bubikopf, große Titten. Aussehen nicht so mein Fall. Nummer zwo kleiner, zierlich, gute Figur, lange schwarze Haare und verdammt hübsch.

Keine Frage, welche von beiden mich interessiert.

Also drehe ich mich in Position, blicke cool in die Gegend und lausche mit einem Ohr der Konversation. Nach einem weiteren Bier (Löwenbräu: der einzig richtige Nachteil im Jennerwein außer dem fehlenden Spiegel auf dem Klo) war klar, daß die beiden schon vorher was gebechert hatten.
Aus dem Augenwinkel erhasche ich einen musternden Blick der Großen, aus dem Ohrwinkel einen Satzfetzen der so ähnlich klingt wie "Der fickt hier bestimmt jede."

Somit also keine Stammgäste. 

Ich weiß, ich muß angreifen bevor Konkurrenz einläuft, also bestelle ich sofort noch ein Bier. Und gleich drauf ergibt sich auch die Möglichkeit der Kontaktaufnahme:
Die Damen studieren die Getränkekarte und können sich nicht entscheiden. Mein an sich ziemlich bescheuerter Vorschlag, es sich doch einfach zu machen und nacheinander die gesamte Karte von oben bis unten durchzuprobieren , wird auch gleich als Gesprächseröffnung akzeptiert.

Ich hatte ja keine Ahnung.

Es folgt natürlich erstmal eine Diskussion ob wir (man beachte: wir) auch von hinten nach vorn gehen können, bestimmte Getränkegruppen (z.B. Kaffee) gleich ausklammern sollten etc. Wir einigen uns auf je einen Hunting-Master und ein Bier zum Nachspülen.
Nach einiger Zeit der Beschnupperung wird klar, daß ausgerechnet die Große auf mich abfährt. Womit hab ich sowas verdient????
Im Prinzip bin ich schon wieder soweit jenseits von Gut und Böse, daß ich einfach der Dinge harre die da kommen sollen. Ich muß inzwischen pissen wie ein Puma, hab einen Mast in der Hose -was sich zusammen nicht sonderlich gut verträgt-, 
und mir steht noch der in meinem Zustand schwierige Weg die Treppen zur Toilette rauf -und vor allen Dingen wieder runter- bevor.    Aber egal.
Nach dem mittlerweile 8. Bier hat sich zumindest das 2. Problem erledigt.

Wieder in Höchstform schaffe ich es tatsächlich ohne weitere Zwischenfälle aufs Klo, aber auf dem Rückweg kommt mir die Große oben im Gang entgegen, so daß ich mich an ihr vorbeidrücken muß. Riesige Brüste pressen sich an meinen Körper, versuchen mich zu verschlingen. Ich rette mich mit einem Sidestep, verfehle die oberste Treppenstufe und kann nur durch meine nahezu artistische Körper beherrschung mich und umstehende Trinker davor bewahren, den Boden zu begrüßen.
Wieder am Platz nehme ich natürlich sofort die Gelegenheit wahr, mich intensiver mit der Hübschen zu befassen.
Hat nen Freund.    Scheisse. 
Ich quack sie trotzdem voll. Komme auch ganz gut an. 
Kaum bin ich richtig in Fahrt, kommt sie: Killertitte.
Ich unterhalte mich wieder mit der Großen.
Augen nur für die Hübsche.
Ab und zu für die Große.

Die Gespräche werden immer absonderlicher; plötzlich bin ich mit Niko, dem Barmann, in Verhandlung über ein Hirschmodell, das über der Bar steht. Er will es nicht verkaufen, die Große ist entäuscht.
Inzwischen fängt die Große an, mich zu betatschen: Hand, Arm, Hüfte. Ich denke langsam doch dran, Sie zu ficken, habe Visionen von Titten, die mir ins Gesicht klatschen und erstaunlicherweise schon wieder einen Steifen. Was kann ein Mensch doch alles ertragen.
Allerdings werden ihre Klobesuche häufiger, die Hübsche will nicht mit ihr mit, wir unterhalten uns. Sie ist doch interessiert. 
Die beiden wohnen auch noch zusammen. Na toll.

Kurz vor eins hat die Große genug davon, daß ich fast nur noch der Hübschen in die Augen sehe. Fragt in ziemlicher Lautstärke, ob ich ihre Freundin vögeln will.
Niko grinst.
Augen nur für die Hübsche.
"und ob, hängt von ihr ab"
"ich hab auch nichts dagegen"
ich schieb die Große zur Seite, greif mir die Hübsche und steck ihr die Zunge in den Hals. Beim Rumknutschen ziemliche Schwierigkeiten, mit ihr auf dem Barhocker nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Nach einer Weile, beide inzwischen heiß wie Frittenfett, frag ich "meinss deine Freundin spult sich auf wennwa uns jetz verliern?" "ich glaub schon..."

Plötzlich packt mich eine schier unglaubliche Kraft von hinten an der Schulter und zieht mich von dem Objekt meiner leidenschaftlichen Begierde weg. 
Die laute Stimme der Großen drängt sich durch meine benebelten, im Moment ganz woanders verweilenden Gedanken 
"halt dich bloß von ihr fern, du sau"
nach ein paar unsicheren Schritten habe ich mein Gleichgewicht wieder:
"hey, baby, mach jetz.."
Sie ignoriert mich völlig und packt die Sachen der Hübschen. 
"und du kommst jetzt mit"
Dann noch ein paar laute Geräusche und das Zuschlagen der Tür. Niko grinst noch breiter und stellt mir erstmal nen Jägermeister hin.

Scheisse.

Nach ein paar Minuten taste ich mich zur Tür, gehe raus, Blick links, Blick rechts, die beiden stehen diskutierenderweise an der Ecke.
"ich wollte doch nur mit ih...." - "das war meiner, du hast scho...."
Jetzt ist mir wirklich alles egal. 
Mit einer wegwerfenden Handbewegung drehe ich mich um und versuche auf dem Rückweg den mich angreifenden Fahrrädern und Hauswänden auszuweichen...

Die Geschichte endet irgendwann Anfang Dezember in Schwabing,
ca. 1 Uhr 15.

(c) 1996 der engel frank
 

 
 

 
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